Studentische Bilanzanalysen aus der Praxis

Echte Jahresabschlüsse, reale Herausforderungen und individuelle Lösungswege. Hier zeigen Studierende, wie sie Bilanzkennzahlen in konkrete Handlungsempfehlungen übersetzen.

Von der Theorie zur angewandten Analyse

Seit Frühjahr 2024 arbeiten unsere Studierenden mit anonymisierten Geschäftsberichten mittelständischer Unternehmen. Die Aufgabe: Eine vollständige Bilanzanalyse erstellen, die einem CFO tatsächlich weiterhilft.

Was zählt, ist nicht die perfekte Formel. Sondern die Fähigkeit, aus Zahlenkolonnen eine Geschichte zu lesen und daraus Empfehlungen abzuleiten, die sich umsetzen lassen.

„Ich dachte immer, Bilanzen sind trocken. Bis ich gesehen habe, dass dahinter echte Entscheidungen stehen – und manchmal existenzielle Fragen." – Teilnehmerin, Oktober 2024

Studierende analysieren Finanzkennzahlen am Schreibtisch

Zwei Wege, ein Ziel: Fundierte Analysen

Jede Bilanz bringt eigene Stolpersteine mit sich. Hier berichten zwei Studierende von ihren Projekten aus dem Herbstsemester 2024.

Porträt von Marlene Becker
Marlene Becker
Abschluss September 2024

Liquiditätsengpass bei einem Handelsunternehmen

Das Unternehmen sah auf den ersten Blick stabil aus. Umsatz stieg, Eigenkapitalquote über 30 Prozent. Aber in der Cashflow-Rechnung wurde es spannend: Die Zahlungsmittel gingen kontinuierlich zurück.

Meine größte Herausforderung war herauszufinden, ob das ein temporäres Problem war oder strukturell. Also hab ich mir die Forderungslaufzeiten der letzten drei Jahre angeschaut und festgestellt, dass die Debitorenlaufzeit um fast 20 Tage gestiegen ist.

Daraus entstand meine Empfehlung: Ein aktiveres Forderungsmanagement und eine Überprüfung der Zahlungsziele. Klingt simpel, aber genau das fehlte vorher.

Liquiditätsanalyse Working Capital Cashflow

Investitionsentscheidung mit knappen Daten

Mein Fall war ein produzierendes Unternehmen, das vor der Entscheidung stand, in neue Maschinen zu investieren. Problem: Die verfügbaren Bilanzdaten waren dünn, und ich musste mit Annahmen arbeiten.

Was mir geholfen hat, war die Rentabilitätsanalyse. Ich habe die ROI-Entwicklung der letzten fünf Jahre analysiert und gemerkt, dass die Kapitalrendite langsam abfiel. Das deutete darauf hin, dass eine Modernisierung tatsächlich sinnvoll sein könnte.

Spannend war der Moment, als ich die Abschreibungsquote mit Branchenwerten verglichen habe und festgestellt habe, dass die Anlagen tatsächlich überaltert waren. Plötzlich ergab alles Sinn.

ROI-Analyse Investitionsbewertung Anlagenintensität
Porträt von Kilian Fröhlich
Kilian Fröhlich
Abschluss November 2024

Unser Analyseansatz in drei Schritten

Wir arbeiten nicht nach starren Checklisten. Aber es gibt ein Grundgerüst, das allen Projekten zugrunde liegt und sich in der Praxis bewährt hat.

01

Strukturanalyse

Wir beginnen mit der Vermögens- und Kapitalstruktur. Welche Bilanzpositionen dominieren? Wo liegen Auffälligkeiten im Zeitverlauf?

Dabei geht es nicht nur um Kennzahlen, sondern um das Verständnis der Geschäftslogik. Ein Handelsunternehmen tickt anders als ein Dienstleister.

02

Kennzahlenvergleich

Erst nach der Strukturanalyse kommen die klassischen Kennzahlen: Liquidität, Rentabilität, Verschuldung. Wichtig ist dabei der Branchenvergleich.

Eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent kann für ein Bauunternehmen solide sein – für einen IT-Dienstleister wäre sie problematisch.

03

Handlungsempfehlungen

Am Ende steht immer die Frage: Was bedeutet das für die Praxis? Wir entwickeln konkrete, umsetzbare Maßnahmen – keine abstrakten Ratschläge.

Das können operative Anpassungen sein oder strategische Weichenstellungen. Entscheidend ist die Begründung.

Werkzeuge und Datenquellen

Eine gute Analyse steht und fällt mit den richtigen Daten und einer strukturierten Vorgehensweise. Unsere Studierenden arbeiten mit professionellen Tools, die auch in der Unternehmensberatung zum Einsatz kommen.

Dabei lernen sie nicht nur, Kennzahlen zu berechnen, sondern auch, Daten kritisch zu hinterfragen und Plausibilitätsprüfungen durchzuführen.

Bundesanzeiger-Datenbank
Zugriff auf veröffentlichte Jahresabschlüsse deutscher Unternehmen für Vergleichsanalysen und Benchmarking.
Excel-Analysevorlagen
Eigens entwickelte Templates für Kennzahlenberechnung, Trendanalysen und Szenario-Simulationen.
Branchenreports
Aktuelle Studien und Durchschnittswerte für realistische Einordnung der analysierten Unternehmen.
Praxisbeispiele aus Archiv
Über 80 abgeschlossene Studentenprojekte mit unterschiedlichen Schwerpunkten als Referenzmaterial.
Arbeitsplatz mit Finanzberichten und Analysewerkzeugen